Mittwoch, Oktober 12

XII. Tino Hanekamp, So was von da



"Alle denken immer nur an sich, nur ich nicht. Ich denke an sie.
Heute ist die letzte Nacht. Heute noch und dann ist Schluss.
Wie halten die Leute eigentlich ihr Leben aus?
Das wird dich Demut lehren, Fatzke.
Mathilda hat mir die Liebe versaut.
Die ganze Kunst ist futsch.
Krieg ist schlimmer.
Plötzlich: Stille.
Und all das geschieht immer und immer wieder, bis in alle Ewigkeit.
Ich befürchte, ich bin wach. "


Sowas von geil! Und somit könnte ich fast diesen Post beenden.
Dieses Roman von Tino Hanekamp war mal wieder Opfer meiner literarischen Skepsis: das erste Roman von einem Hamburger Club Besitzer war keinen leichten (und auch keinen richtigen) ersten Eindruck von diesem Roman. Unsere erste Begegnung war an einem Donnerstag, den genauen Tag weiss ich leider nicht mehr. Oder war es vielleicht einen Mittwoch? ach, egal! Ryo las an diesem Tag...Abend im Café Hilgenfeld in Erfurt im Rahmen einer elektronischen Tanzlesung, die erstmal eine alergische Reaktion verursachte und sich dann später als wunderbares Amusement herauszustellen. Ich ließ mich anstecken, von den Worten und dem Rhythmus. Das Buch von Hanekamp wollte ich auf jeden Fall lesen!

Ich bewundere gerade diese Menschen, die es auf die beste Art schaffen, weniger als 24 Stunden in über 300 Seiten zu packen. Es ist eine Frage der Ausdehnung, nicht der Verdichtung. Immer am Laufen, immer am Denken, immer am Sein. Selbst wenn Oscar es gerne anders hätte: Sein muss schon irgendwie sein. Sowas von da ist die Geschichte von diesem Tag, nicht irgendeinem, sondern einem ganz besonderen. Es ist Silvester: ein Tag des Wandels, in dem alles passiert und alles gezwundenermaßen nur gut ausgehen darf. Nicht die Russen. Nicht die Schulden. Nicht der Krebs. Nicht Mathilda. Mathilda.
Hanekamp faszinierte mich mit seiner sprachlichen Durchsichtigkeit: weder literarisch aufgesetzt, noch künstlich billig... Hanekamp schreibt als ob man ein mikroskopisches Gerät hätte mit der Fähigkeit Worten aufschreiben. Roh. Es ist ein Vergnügen jeder Seite zu entdecken...mit jeder Macke, jedem Angst, jedem Rausch sind wir, als Leser einen Stückchen mehr drin.

Am Ende sind wir sowas von drin. Und es ist eigentlich ganz schön hier.

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