Dienstag, Juli 19

V. Jerusalém, Gonçalo M. Tavares



"Ich habe einen Mann ermordet. Lassen Sie mich bitte rein".

Im Anschluss zu dem letzten Post veröffentliche mein erstes Post über ein Buch von einem portugiesischen Autor. Ich kannte Gonçalo M. Tavares von einer kleinen literarischen Begegnung mit seinem "Falschen Geschichten" aber "Jerusalem" ist einen Riesenschritt weg von seinen jedoch wunderschönen Kurzgeschichten.

"Jerusalem" ist eine dunkle Geschichte über die Abgründe des menschlischen Geistes. Genauso wie der menschliche Geist ist der Roman von Gonçalo M. Tavares auch achronologisch. Die Kapitel sind von einer künstlerischen Willkür geprägt, die das je-ne-sais-quoi dieser Geschichte noch stärker bestimmt. Die chronologische Referenzlosigkeit erlaubt den Leser sich komplett auf die Handlung zu konzentrieren und sich tief in den Geist der Figuren zu verstecken.
Wie die Zeit selbst sind auch die Orte meistens unbekannt und ihre Namen erwecken eine gewisse Verfremdung beim Lesen. Der Leser darf sich nicht in "Jerusalem" gemütlich fühlen.

Dann gibt es ein Krankenhaus, das Georg Rosenberg, in der die meines Erachtens schönste Momente der Handlung stattfinde. Hier lernen sich Mylia und Ernst kennen. Hier verlieben sie sich in einander. Hier erzeugen sie ihrem Kind, die nach dem Geburt von ihnen weggenommen wird. Kaas Busbeck ist schwerbehindert: seine Beine sind schwach und seine Zunge scheint nicht sein Verstand zu befolgen. Kaas wurde von dem ehemaligen Maan von Mylia, der berühmten Wissenschaftler Theodor Busbeck, adoptiert und erzogen. "Jerusalém" stellt die Werte um und die, die als Normal gelten sind imstande, die andere Menschen zu verletzen, zu erniedrigen und zu missbrauchen. Währenddessen scheint der Wahnsinn den einzigen Weg zur Menschenliebe zu sein. Der ausgezeichnete Roman von Goalo M. Tavares widerspricht die gemütliche Prognose wissenschaftlicher Studien, mathematischer Statistiken... "Jerusalem" ist eine Stadt von Kreuzwegen, in der politische und religiöse Unterschiede sich treffen, sich verwechseln und sich ineinandermischen. In einer kleineren Skala überträgt Goalo M. Tavares dieser Symbolik
auf die dunklere Wege des menschlichen Geistes.


Mit "Jerusalem" gewann Goalo M. Tavares den renommierten portugiesischen Preis Ler/Millenium BCP für Jungautoren.

Keine Kommentare: